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Tschernobyl darf sich nie wiederholen!

Erklärung der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Westfalen
zum 20. Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl
(SPERRFRIST 04.04.06!)

 

Am 26. April 2006 jährt sich zum 20. Mal die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl.

Wir gedenken der 70.000 Toten[1], die unmittelbar oder an den Spätfolgen der Reaktorkatastrophe starben.

Wir erinnern an Tausende von Menschen, die durch radioaktive Verstrahlung chronisch erkrankt sind,

an jene, die mit Erbgutschäden und Behinderungen zur Welt gekommen sind.

Wir sehen mit Sorge, dass Böden und Gewässer auf unbestimmte Zeit verseucht wurden und auch zukünftige Generationen - v. a in weiten Teilen Weißrusslands und der Ukraine - gefährdet sein werden.

Wir danken den zahlreichen Initiativen in Ost und West, die seit über 15 Jahren mit engagierten Hilfs- und Aufbauprogrammen Hoffnungszeichen setzen und ermutigen sie, diese segensreiche Arbeit fortzusetzen.

 

Am Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl erinnern wir an die Beschlüsse der Landessynoden der Jahre 1986, 1998, 2000 und 2005 zum Ausstieg aus der Kernenergie und zum Klimaschutz.

 

Als Christinnen und Christen glauben wir, dass Gott die Welt erschaffen hat und erhält. Gott hat uns sein Schöpfungswerk anvertraut, dass wir es bebauen und bewahren. Als seine Ebenbilder stehen wir in der besonderen Verantwortung, sozial gerecht, schöpfungsverträglich, Frieden schaffend und auf die Lebensrechte zukünftiger Generationen bedacht, zu handeln.

Dieser Verantwortung vor Gott und für Mensch und Natur können wir nur gerecht werden, wenn wir auf Techniken verzichten, deren Anwendung durch menschliches Versagen und Missbrauch zu unüberschaubaren und irreversiblen Folgeschäden führen oder nachfolgende Generationen gefährden.

 

Angesichts der unabsehbaren Risiken fordern wir die Bundesregierung auf, umgehend aus der nichtbeherrschbaren Kernenergie auszusteigen, zumindest jedoch am Atomkonsens aus dem Jahre 2000 und an den Laufzeitregelungen des Atomgesetzes von 2002 festzuhalten.

Die Endlagerung radioaktiver Abfälle muss nach dem Verursacherprinzip in unserer Generation geregelt werden. Die Entsorgung auf nachfolgende Generationen zu verschieben, ist, wie die risikoreiche Verlängerung der Kraftwerkslaufzeiten, ethisch nicht zu vertreten.

 

Der Ausstieg aus der Kernenergie darf unter keinen Umständen zu Lasten des Klimaschutzes gehen.

Wir fordern die Bundesregierung und die Energieversorgungsunternehmen auf, die Umsetzung des Klimaschutzes in Deutschland durch Aufbau einer effizienten, z. T. dezentralen Energieversorgung zu stärken. Wir fordern sie auf, die vermehrte Nutzung regenerativer Energieträger gezielt voran zu treiben. Ebenso müssen alle Möglichkeiten systematisch erschlossen werden, Energie effizient einzusetzen und zu sparen.

Wir sind der Überzeugung, dass Deutschland hiervon auch als Wirtschafts- und Innovationsstandort im großen Maße profitieren wird und viele neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

 

Der Aufbau einer nachhaltigen, umwelt- und generationengerechten Energieversorgung ist jedoch nicht allein eine Frage politischer Vorgaben und technischer Umsetzungen.

Jede und jeder von uns ist gefordert, Zukunftsverantwortung zu übernehmen und ihren bzw. seinen Lebensstil umwelt- und klimaschonend auszurichten. Dies gilt auch für die Kirche als Organisation.

Im kirchlichen Bereich bestehen noch große ungenutzte Energieeinsparpotenziale und Defizite bei der effizienten Verwendung von Energie.

Wir rufen daher Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungen auf, ihren Energieverbrauch z. B. durch Einführung von Umweltmanagementsystemen („Grüner Hahn“) systematisch zu verringern. Auch sollte die Nutzung regenerativer Energieträger im kirchlichen Bereich weiter ausgebaut werden.

Wir bitten alle Kirchengemeinden, Kirchenkreise, Ämter und Einrichtungen sich der Themen „Ausstieg aus der Kernenergie“, „Klimaschutz und nachhaltige Energieversorgung“ anzunehmen und deren Dringlichkeit auf Veranstaltungen und in Gremien zu thematisieren.

 

Tschernobyl darf sich nie wiederholen!



[1] Quelle IPPNW Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges