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INFO-Blatt

© Joachim Krause 2002

Definitionen, Fakten, Zitate -
Anregungen zum Nachdenken über

GENTECHNIK
 

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Was ist das wirklich Neue an der Gentechnik?
Gentechnische Eingriffe
* verkürzen die Zeitspannen, die in der natürlichen  Evolution für vergleichbare
        Änderungen benötigt würden
   + Beschleunigung von Züchtungsprozessen: das gewünschte Gen kann in einem
        Schritt in das Erbgut des Ziel-Organismus eingefügt werden
   + natürliche Auslese-Mechanismen greifen nicht, „Bewährung“ in ökologischen
        Systemen fehlt
* ermöglichen einen die Art-Grenzen überschreitenden Austausch von Erbanlagen
        (natürliche Kreuzungs-Barrieren fallen weg)
* führen zu Veränderungen in den räumlichen Beziehungen zwischen den Erbanlagen
        (Positionseffekte: der genaue Ort des Einbaus der fremden Erbanlage und mögliche
        Neben-Wirkungen sind nicht exakt zu kontrollieren)
* erlauben es, in der Natur bisher überhaupt nicht vorkommende neue Erbanlagen
        „maßzuschneidern“ und in Lebewesen einzuführen

Gentechnik ist keine eigenständige neue Wissenschaft, sondern lediglich eine Sammlung von Verfahren,
die in der Gerichtsmedizin und in der Altertumsfor-schung genauso angewandt werden wie in der Evolutionsbiologie:
* Grundlagenforschung: Erkenntnisse über Vererbungsprozesse,
        Individualentwicklung von Lebewesen, Funktionen des Stoffwechsels,
        Verlauf und Ursache von Krankheiten
* Anwendung (weites Spektrum, ethisch sehr unterschiedlich relevant):
   + Einsatz von Mikroorganismen in der Stoff-Produktion (Medikamente, Enzyme
        für Lebensmittelindustrie und Waschmittelherstellung)
        und im Umweltschutz (Beseitigen problematischer Schadstoffe)
   + Landwirtschaft und Ernährung (Zucht von Nutzpflanzen und Haustieren,
            Ertragssteigerung, Widerstandfähigkeit gegen Krankheiten und Schädlinge,
            Produkte mit zusätzlichen Inhaltsstoffen, z.B. essentielle Aminosäuren, Medikamente)
   + Humangenetik (Gerichtsmedizin: Vaterschaftsfeststellung, Gewaltverbrechen; Diagnose
            und Therapie von Krankheiten; vorgeburtliche Diagnostik)
   + militärische Anwendung (biologische Waffen: Giftstoffe, neuartige Krankheitserreger)

Deutsches Gentechnik-Gesetz vom 16.12.1993, §1:
„Zweck dieses Gesetzes ist, 1. Leben und Gesundheit von Menschen, Tieren, Pflanzen sowie die sonstige Umwelt in ihrem Wirkungsgefüge und Sachgüter vor möglichen Gefahren gentechnischer Verfahren und Produkte zu schützen und dem Entstehen solcher Gefahren vorzubeugen und 2. den rechtlichen Rahmen für die Erforschung, Entwicklung, Nutzung und Förderung der wissenschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten der Gentechnik zu schaffen.“

Definitionen:
GENTECHNIK: „Unter dem Begriff Gentechnologie versteht man die Gesamtheit der Methoden zur Charakterisierung und Isolierung von genetischem Material, zur Bildung neuer Kombinationen genetischen Materials sowie zur Wiedereinführung und Vermehrung des neukombinierten Erbmaterials in anderer biologischer Umgebung.“ (Enquete-Kommission „Gentechnologie“ des Deutschen Bundestages 1987)
Der Begriff BIOTECHNOLOGIE umfaßt die technisch gesteuerte Produktion organischer Substanzen durch Lebewesen. Auch die moderne Land- und Forstwirtschaft, nicht nur mikrobielle Verfahren, zählen im weiteren Sinn zur Biotechnologie.
Stichworte wie Klonierung, In-Vitro-Fertilisation („Retorten-Babys“) oder Leihmütter gehören in die Rubrik FORTPFLANZUNGSBIOLOGIE. Zu Gentechnik oder Biotechnologie besteht kein unmittelbarer Zusammenhang.

Zitate:
„Wenn wir bessere Menschen erschaffen können, indem wir ihnen neue Gene verleihen, warum sollten wir es dann nicht tun? Wenn wir unser Wissen nicht nutzen würden, hätten wir ein ethisches Problem.“
(James Watson, Nobelpreis für Entdeckung der chemischen Struktur der Erbsubstanz)

„Die Ethik muß sich der Wissenschaft anpassen, nicht umgekehrt.“
„Bald wird es eine Sünde sein, wenn Eltern ein behindertes Kind zur Welt bringen. Die zunehmenden Möglichkeiten der pränatalen (=vorgeburtlichen) Diagnostik zur Vermeidung von genetisch bedingten Krankheiten erlegen Eltern eine moralische Verantwortung auf.“
(Robert Edwards, medizinischer „Vater“ des ersten Retorten-Babys)

Mögliche Gefährdungen durch gentechnisch veränderte Nutzpflanzen?
(es ist glücklicherweise bisher nicht von Katastrophen zu berichten, aber es gibt weiterhin Anlaß, kritische Fragen zu stellen)
Das amerikanische Bundesgesundheitsamt listet auf:
* Veränderungen in der Verträglichkeit und Verdaulichkeit
* Bildung neuer unbekannter Inhaltsstoffe
* Beeinflussung der Wirkung von Antibiotika in Medikamenten
* veränderte Allergie-Problematik

einige Fragen als Leitplanken zur Bewertung der Gentechnik:
* WAS geschieht konkret?
* WARUM, mit welcher ZIELstellung wird Gentechnik eingesetzt (wirkliche Ziele!)?
* Ist die Anwendung NOT-wendig?
* WEM NÜTZT diese Anwendung?
* Gibt es RISIKEN, wer trägt diese? (ökologische, gesundheitliche, soziale Risiken;
        spätere Generationen)
* Gibt es gefährliche oder mißbräuchliche Anwendungsmöglichkeiten?
* Gibt es gleichwertige ALTERNATIVEN?

Eine Grundregel der philosophischen Ethik lautet:
Der mögliche Missbrauch verbietet nicht den rechten Gebrauch.
Zum rechten Gebrauch gehören Grenzen.

Gentechnik - was rät die Bibel?
(auf der Suche nach Maßstäben für unser Tun und Unterlassen)
* Staunen und Ehrfurcht vor Gottes Werken (die Schöpfung  „gut-sein-lassen“);
   „Herr, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weise geordnet,
    und die Erde ist voll deiner Güter.“ (Psalm 104,24),
   „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst?“ (Psalm 8,5)
* Auftrag zur Gestaltung der Welt an den Menschen
   (Ermutigung zum Handeln)
   „Füllet die Erde und macht sie euch untertan und herrscht
    über die Vögel und das Vieh und alles Getier...“ (1.Mose 1,28);
   “Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden,
    damit er ihn bebauen und bewahren sollte.“ (1.Mose 2,15)
* die Bibel weiß: der Mensch hält gesetzte Grenzen nicht ein (Versuchung, Selbstüberschätzung):
   „Gott der Herr gebot dem Menschen: Du darfst essen  von allen Bäumen im Garten,
    aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen...“
    (1.Mose 2,16)
   „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten.“ (1.Kor. 6,12)

Gentechnik - Frevel oder Fortschritt?
JA oder NEIN, Schwarz oder Weiß, Gut oder Böse - eine allgemein gültige einfache pauschale Antwort und Bewertung der Gentechnik ist (leider) nicht zu haben:
„Im übrigen aber gehört es zum verantwortlichen Umgang mit der „Freiheit eines Christenmenschen“, sich in jedem einzelnen Fall [der Anwendung der Gentechnik] aufgrund der entwickelten Entscheidungshilfen selbst ein Urteil zu bilden.“ (EKD-Studie zu Gentechnik und Ethik „Einverständnis mit der Schöpfung“, erweiterte Fassung 1997, Schlusssatz)
 

zu konkreten Anwendungen der Gentechnik

Mehr als eine halbe Million Menschen in Deutschland leiden an einer schweren Form der Zuckerkrankheit und müssen sich jeden Tag das Hormon INSULIN spritzen. Seit 1981 wird „Humaninsulin“, das chemisch vollständig dem Hormon im gesunden menschlichen Organismus entspricht, gentechnisch mit Hilfe von Bakterien in Bioreaktoren hergestellt. Mehr als 80% der insulinpflichtigen Diabetiker in Deutschland erhalten dieses Medikament.

Seit 1997 besteht in der EU eine Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Lebensmittel. Bedingung: Die veränderten Erbanlagen oder die durch sie in den Zellen neu produzierten Substanzen müssen in der chemischen Analyse im Endprodukt nachweisbar sein. Ab April 2000 wird die Kennzeichnungspflicht ausgeweitet und erfaßt auch Lebensmittel-Zusatzstoffe wie Aromen oder Vitamine (nicht aber Enzyme).

Weltweit wurden 1999 kommerziell bereits gentechnisch veränderte Pflanzen auf einer Fläche angebaut, die größer ist als das deutsche Staatsgebiet. Dabei waren die Nutzpflanzen in 99 Prozent der Anwendungsfälle entweder widerstandsfähig gemacht gegen Total-herbizide (die „Unkräuter“ auf Feldern können „totgespritzt“ werden, die Nutzpflanze überlebt) oder ihre Zellen enthielten einen Giftstoff, der gezielt bestimmte Fraßschädlinge abtöten soll.

Im Januar 2000 verabschiedeten Vertreter von 130 Staaten (darunter die USA und Deutschland, auch die Welthandelsorganisation) das Montrealer Biosafety-Protokoll. Danach kann jedes Land in Zukunft schon bei dem Verdacht, daß von einem gentechnisch veränderten Produkt oder Organismus eine Gefahr für Umwelt oder Gesundheit ausgeht, nationale Importverbote aussprechen.

(Zusammenstellung: Joachim Krause, Hauptstr. 46, 08393 Schönberg, Tel. 03764-3140 – Juli 2001)