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Naturwissenschaftler sprechen von „GOTT“ –

was meinen Sie damit?

 

Menschen werden durch die Bibel ermutigt, sich mit der Natur zu beschäftigen, sie zu verstehen und zu gestalten (Gen. 1,28 und Gen. 2,15). Im Buch der Weisheit steht, dass der Mensch mit seinem Verstand in der Lage ist, „den Aufbau der Welt und das Wirken der Elemente, ... den Kreislauf der Jahre und die Stellung der Sterne, die Natur der Tiere und die Wild­heit der Raubtiere, und die Ver­schiedenheit der Pflanzen“ zu erkennen (Weisheit 7, 17.19.20) und dann wird erklärt: „Denn von der Größe und Schönheit der Geschöpfe lässt sich auf ihren Schöpfer schließen“ (Weisheit 13,5).

Im traditionellen Glaubensverständnis ist Gott ein von außen auf die Welt einwirkender Gott, dem Menschen aber persönlich begegnen können (THEISMUS). Gott ist das Umgreifende, die Welt ist in ihn eingeschlossen (PANENTHEISMUS). Seine Wirklichkeit kann an den Werken der Schöpfung mit dem menschlichen Verstand wahrgenommen werden (Röm. 1,19ff).

In dieser Tradition haben bis zum Anfang der Neuzeit auch die meisten Naturwissenschaftler ihr Tun verstanden. So schlussfolgerte Nikolaus Kopernikus 1473-1543), geleitet von seinen Erkenntnissen als Astronom: „Wer sollte nicht durch die innige Beschäftigung mit dem, was er in vollendetster Ordnung und in göttli­cher Weisheit geleitet sieht ... wer sollte nicht den Werkmeister aller Dinge bewundern.“
Galileo Galilei (1564-1642) konnte schreiben: „Ich erweise Gott meinen unendlichen Dank, weil er mich allein als ersten Beobachter bewunderungswürdiger Dinge ausersehen hat, die den bisherigen Jahrhunderten verborgen geblieben waren.“ Nach seinem Verständnis lasen Menschen im „Buch der Natur“ und im „Buch der Bibel“ – beide konnten aber nur von einer Wirklichkeit reden. Wenn neue naturwissenschaftliche Erkenntnisse den Aussagen (dem wörtlichen Verständnis) der Bibel widersprachen, war aus Galileis Sicht eine Neuinterpretation der Bibel fällig!

Isaac Newton (1642-1727) hatte die Vorstellung, dass Gott nach Fertigstellung seiner Schöpfung nicht mehr eingreifen muss: Er zeigt sich in ihr als vollkommen. „Die wunderbaren Einrichtungen der Sonne, der Wandelsterne, der Kometen können nur nach dem Plan eines allwis­senden und allmächtigen Wesens und nur nach dessen Weisung zustande kommen ... so ist das ganze All offenbar nach einem einheitlichen Plan ausgerichtet, das Reich eines und desselben Herrschers. Daraus folgt, dass Gott der wahrhaft lebende, allweise und allmächtige Gott ist, das unendlich vollkommene Wesen, welches hoch über dem Weltall steht.“ Newton selbst stellte sich diesen Schöpfer personhaft vor. Aber es war doch die Philosophie des DEISMUS, der er den Weg bereitete. Diese verstand Gott als perfekten „Uhrmacher“, der seine Welt ideal konstruiert hatte (Anfangsbedingungen, Naturgesetze), sodass sie fortan ohne ihn ablaufen konnte.

Über zweihundert Jahre später schreibt der Physiker Max Planck (1558-1947), „... dass ich es als eine Gnade des Himmels betrachte, dass mir von Kind­heit an der feste, durch nichts beirrbare Glaube an den Allmächtigen und Allgütigen tief im Innern wurzelt.“ Für ihn steht fest: „Es ist ein unbezweifelbares Ergebnis der physikalischen Forschung, dass die elementaren Bausteine des Weltgebäudes nicht in einzelnen Gruppen ohne einen Zusammenhang neben­ein­anderliegen, sondern dass sie sämtlich nach einem einzigen Plan aneinandergefügt sind, oder, mit anderen Worten, dass in allen Vorgängen der Natur eine universale, uns bis zu einem gewissen Grad erkennbare Gesetz­lichkeit herrscht ... Religion und Naturwissenschaft begegnen sich in der Frage nach der Existenz und nach dem Wesen einer höchs­ten über die Welt regierenden Macht.“ Für Planck ist „die Gottheit, die der religiöse Mensch sich nahezubringen sucht, wesensgleich mit der naturgesetzlichen Macht.“ Diese Gleichsetzung von Gott und Naturordnung liegt vielen Physikern seiner Zeit nahe. Auf einen weiteren Gesichtspunkt in Plancks Religionsverständnis macht sein „Kollege“ Heisenberg aufmerksam: „Für Planck sind Religion und Naturwissenschaft deswegen vereinbar, weil sie, wie er voraussetzt, sich auf ganz ver­schiedene Bereiche der Wirklichkeit beziehen. Die Naturwissenschaft handelt von der objektiven materiellen Welt. Sie stellt uns vor die Aufgabe, richtige Aussagen über diese objektive Wirklichkeit zu machen und ihre Zu­sammen­hänge zu verstehen. Die Religion aber handelt von der Welt der Werte. Hier wird von dem gesprochen, was sein soll, was wir tun sollen, nicht von dem, was ist.“ Planck selbst sagt das so: „Die Naturwissenschaft braucht der Mensch zum Erkennen, die Religion aber braucht er zum Handeln.“ Das ist ein neuer Aspekt – die hier vorgenommene Trennung bei den „Zuständigkeiten“ könnte die Einheit der Wirklichkeit in Frage stellen, kann auch zu einer scharfen Spaltung von Wissen und Glauben führen.

Auch Albert Einstein (1879-1955) hat immer wieder von Gott gesprochen. Sein herrlich naives Gottesbild verstand jeder sofort, wenn Einstein etwa fragte: „ob der Herrgott nicht (über meine Einfälle) lacht und mich an der Nase herumführt“, oder „welche Schräubchen der Alte wohl dreht, um alles das zu bewerkstelligen“, welche Wahl „der ewige Rätselgeber“ bei der Erschaffung der Welt hatte.“ Einstein war sich sicher: „Raffiniert ist der Herrgott, aber boshaft ist er nicht“, und er wusste: „Gott würfelt nicht“. Im April 1921 bekam er ein Telegramm des New Yorker Rabbis Herbert Goldstein: „Glauben sie an Gott? Stop. Bezahlte Antwort: 50 Worte“. Der sparsame Einstein telegrafierte nur 29 Wörter zurück: „ Ich glaube an Spinozas Gott, der sich in der gesetzlichen Harmonie des Seienden offenbart, nicht an einen Gott, der sich mit dem Schicksal und den Handlungen der Menschen abgibt“. Der Philosoph Spinoza vertrat die Ansicht, dass die Natur mit den ihr innewohnenden Gesetzmäßigkeiten mit Gott gleichzusetzen sei (PANTHEISMUS). In diesem Sinne glaubte Einstein an eine „kosmische Religiosität“, die er in der vollkommenen Harmonie des Kosmos zu erkennen meinte. Er empfand „tiefe Ehrfurcht vor der Vernunft, die sich in der Wirklichkeit offenbart“. Alles im Universum war nach seinem Verständnis vorherbestimmt, es gab keinen Platz für Zufall (etwa in der Quantenphysik). Gott war für Einstein ein unermesslicher Geist, kein dem einzelnen Menschen zugewandter, persönlicher Gott. Ernsthafte Naturwissenschaftler waren für ihn die einzig tief religiösen Menschen.

Sein Schüler Werner Heisenberg (1901-1974) war der Überzeugung, dass sich in der Welt immer wieder eine „zentrale Ordnung durchsetzt“. Er bestaunte „die Tatsache, dass nach jedem Winter doch wieder Blumen auf den Wiesen blühen ... dass also Chaotisches sich immer wieder in Geordnetes verwandelt“ und stellte sich selbst die Frage: „Glaubst du an einen persönlichen Gott? – Darf ich die Frage auch anders formulieren? Dann würde sie lauten: Kannst du der zentralen Ordnung der Dinge oder des Geschehens, an der man ja nicht zweifeln kann, so unmittelbar gegenübertreten, mit ihr so unmittelbar in Verbindung treten, wie dies bei der Seele eines ande­ren Menschen möglich ist? Ich verwende hier ausdrücklich das so schwer deutbare Wort „Seele“, um nicht missver­standen zu werden. Wenn du so fragst, würde ich mit Ja antworten.“ Die Frage nach der Existenz Gottes ist für Heisenberg „die Frage nach dem, was wir tun sollen ... anderen helfen und tüchtig sein ... in der Welt, die zugleich die „Welt Gottes“ ist, ... das Bewusstsein der Heimat.“

Auch der viel diskutierte noch lebende Physiker Stephen Hawking (geb.1942) kokettiert immer wieder mit der Chiffre „Gott“. Er geht von der Annahme aus, „dass es ein System von Gesetzen gibt, die die Evolution des Universums von An­fang an vollständig bestimmen. Diese Gesetze mögen von Gott vorgegeben sein, aber offenbar lässt er ihnen jetzt freien Lauf und mischt sich nicht in die Geschicke des Universums ein. Die Anfangskonfiguration des Universums könnte von Gott frei gewählt worden sein ...“ Das derzeit in der Kosmologie favorisierte „Modell eines expandierenden Universums schließt einen Schöpfer nicht aus, grenzt aber den Zeitpunkt ein, da er sein Werk verrichtet haben könnte!“ Dann fragt er rhetorisch nach Gott: „Auch wenn eine einheitliche Theorie („Weltformel“) möglich wäre, so wäre sie doch nur ein System von Re­geln und Gleichungen. Wer bläst den Gleichungen Odem ein und erschafft ihnen ein Universum, das sie be­schrei­ben können?“, meint aber dann doch: „Wenn wir eine vollständige Theorie entde­cken ... werden wir uns alle mit der Frage auseinandersetzen können, warum es uns und das Universum gibt. Wenn wir die Antwort auf die Frage fänden, wäre das der endgültige Triumph der menschlichen Vernunft – denn dann würden wir Gottes Plan kennen.“ Hawking spricht von Gott, aber selbstbewusst auf Augenhöhe!
George Coyne (geb.1933) ist Professor für Astrophysik und Jesuitenpater – und er leitet die Sternwarte des Vatikans. Er meinte in einem Interview mit dem SPIEGEL: „Die Naturwissenschaft offenbart uns einen Gott, der ein Universum erschaffen hat, dem eine gewisse Dy­namik innewohnt und das somit am Schöpfungsakt Gottes teilnimmt ... müssen Gläubige Abstand nehmen von der Vorstellung eines diktatorischen Gottes, eines Newtonschen Gottes, der das Universum als Uhrwerk erschaffen hat, das regelmäßig weitertickt. Vielleicht sollte man Gott eher als ein Elternteil sehen. Die Heilige Schrift ist erfüllt von diesem Gedanken. Sie stellt sogar – vermenschlichend – einen Gott dar, der zornig wird, der maßregelt, einen Gott, der das Universum hegt und pflegt. Theologen haben den Begriff von Gottes fort­währender Schöpfung geprägt. ... Gott arbeitet mit dem Universum. Das Universum hat eine gewisse eigene Vita­lität, genauso wie ein Kind. Man er­zieht ein Kind, aber man versucht die eigenständige Persönlichkeit des Kindes zu erhalten und zu bereichern ... El­tern müssen einem Kind erlauben, erwachsen zu werden, so weit zu kommen, dass es seine eigenen Entschei­dun­gen trifft, seinen eigenen Weg ins Leben geht. Das ist die Art und Weise, wie Gott mit dem Universum umgeht. das sind sehr schwache Bilder, aber wie sollten wir sonst über Gott reden? ... Für diejenigen, die glauben, sagt uns die moderne Naturwissenschaft etwas über Gott. Sie ist eine Herausforde­rung, eine bereichernde Herausforderung, für den traditionellen Gottesglauben.“

Naturwissenschaftler sprechen von Gott. Sie sind geprägt von der Zeit, in der sie gelebt haben, von der kulturellen und religiösen Tradition, in die sie eingebunden waren. Jeder von ihnen hat letztlich sein ganz persönliches Gottesverständnis. Ich maße mir nicht an, hier zu entscheiden, was richtig ist oder falsch. Ich möchte alle ernst nehmen bei der Suche nach dem Urgrund, der unser Dasein trägt, und mich von ihren Gedanken anregen lassen.

 

Die Schöpfungsgeschichte sagt uns nicht, wie der Himmel funktioniert, sondern wie man dort hin kommt.

(George Coyne, Astronom der päpstlichen Sternwarte 1995)

 

Quellen und weitere Zitate siehe unter: www.krause-schoenberg.de/SB17_nwler_und_gott.htm

 

Der vorstehende Text wurde abgedruckt in: CVJM Sachsen: Zeitschrift MA-TIPP, Heft 3/2007, S.20ff.
Autor: Beauftragter der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens für Glaube, Naturwissenschaft und Umwelt;
Dipl.-Chem. Joachim Krause, Hauptstr. 46, 08393 Schönberg